Norddeutscher Treffpunkt für Erneuerbare Energien
Die 74. Tarmstedter Ausstellung stellte die Energiewende und nachhaltige Technologien in den Mittelpunkt. Als Treffpunkt …
Die 74. Tarmstedter Ausstellung steht im Zeichen von Künstlicher Intelligenz, Erneuerbare Energien und der Förderung des ländlichen Raumes
„Hier packt ein Dorf seit Jahrzehnten mit an“, sagte Tarmstedts Bürgermeisterin Hella Rosenbrock voller Stolz in ihrer Einleitung zur Eröffnungsfeier der 74. Tarmstedter Ausstellung. Sie begrüßte die 800 Gäste aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Verbände und ländlichem Raum.
Die Themenschwerpunkte liegen in diesem Jahr ganz klar auf Künstlicher Intelligenz (KI) in der Landwirtschaft, der Gleichstellung zwischen Land und Stadt sowie Mobilität und digitale Infrastruktur, wie die kurzen Talkrunden zeigten, in denen verschiedene Vertreter und Vertreterinnen aus der lokalen Politik, Verbänden und Forschung auf der Bühne miteinander diskutierten.
Die beiden Geschäftsführer Hermann Cordes und Oliver Moje hoben die große Bedeutung der Ausstellung für Norddeutschland hervor. „In Tarmstedt sieht man, was zukünftig wichtig ist“, so Cordes und bezog sich dabei auf Themen wie die autonome Landtechnik oder KI im Melkstand. Moje ergänzte: „Tarmstedt ist im Bereich Erneuerbare Energien die Speerspitze“, was den Ausbau von Windenergie, Photovoltaik und Biogas in der Region zeige.
Carsten Gerdes, Vorsitzender des Landesverbands Maschinenringe stellte den großen Nutzen von Künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft dar: „KI kann Landwirte stark unterstützen, da ein Programm Entscheidungen aufgrund der gesammelten Daten abnehmen kann. Er ging damit insbesondere auf den öffentlichen Druck ein, Pflanzenschutzmittel sowie Dünger zu reduzieren.
Silke Weyberg, Vorsitzende des LEE berichtete über das Forschungsprojekt, bei dem künstliche Intelligenz neue Flächen für Windenergie finden soll und wies darauf hin, dass es noch Potenzial gibt: „So gut wie wir programmieren ist das, was wir rausbekommen.“ Die Forschungsergebnisse könnten insbesondere für den Artenschutz von großer Bedeutung sein.
Dem stimmte Dr. Henning Müller vom Deutschen Forschungszentrum für KI zu: „KI ist ein Methodenkoffer bzw. ein Werkzeugkoffer. Wir müssen die Grundlage dafür auf den Betrieben schaffen.“ Er betonte, dass Fort- und Weiterbildungen von großer Bedeutung seien, um das Potenzial optimal auszuschöpfen. „Wir müssen als Landwirte auf den Flächen arbeiten, nicht nur fahren.“
Jan Heusmann, Vorsitzender der Landesvereinigung Milchwirtschaft, erklärte: „Wir sammeln schon seit Jahren Daten“. Laut ihm sei KI im Stall schon lange angekommen, ohne dass sie als solche benannt würde, beispielsweise beim Einsatz der Brunstüberwachung. Heusmann betonte, dass die Milchviehbetriebe zwar abegnommen, aber die Milchmenge gleichgeblieben sei. Dies verdanke man zum Beispiel dem Einsatz von Melkrobotern. Wichtig war den Rednern, dass KI neutral sein müsse und der Datenschutz gewahrt bleibe.
Die nächste Talkrunde hatte zum Thema Stadtjugend, Stadtfrauen, Stadtvolk – Die Politik lässt den ländlichen Raum hinter sich! Elisabeth Brunkhorst, Vertreterin der Landfrauen, knüpfte an die Talkrunde im vergangenen Jahr an und bedauerte, dass sich in der Zeit nicht viel zum Thema Gleichberechtigung getan habe. „Es liegt nicht nur an den Männern, sondern auch an den Frauen, die müssen wollen.“
Gerhard Schwetje, Präsident der LW-Kammer, ging auf die Bauernproteste im Winter ein. „Die Bürokratie ist das, was die Landwirte auf die Straßen getrieben hat.“ Er sehe dies als deutliches Zeichen an die Politik. Er ist der Meinung, dass das Mitnehmen der Menschen wichtiger sei, als alles kleinteilig aufzuschreiben. “Wir brauchen eine Digitalisierung bis zur letzten Milchkanne.”
Lars Ruschmeyer, neuer Bundesvorsitzender der Landjugend, möchte das Leben auf dem Land attraktiv gestalten. „Wir wollen keine gleichen Lebensverhältnisse wie in der Stadt, sondern wollen gleichwertig behandelt werden.“ Er sprach sich für eine gelebte Demokratie aus. besonders wichtig war ihm, dass an Kinder- und Jugendverbänden nicht gespart werden dürfe.
Dr. Holger Hennies, Präsident des Landvolks, sagte: “Das Landleben ist neudeutsch resistenter.” Das Leben sei entspannter, als in der Stadt, dies sei in der Corona-Zeit deutlich geworden. Defizite sehe er bei dem Mitbestimmungsrecht der ländlichen Bevölkerung. “Wenn über uns bestimmt wird, werden wir rebellisch.”
Die dritte Talkrunde über Mobilität und digitale Infrastruktur verlief zwischen den Politikern Marco Mohrmann, CDU und Karin Logemann, SPD. Mohrmann erzählte: “Die Funklöcher werden kleiner. Der Druck ist da.” Der Landkreis sei hier in einer guten Position. Logemann ergänzte Zum Thema Bürokratie: “Jeder Zettel hat Mutter und Vater. Es ist ganz wichtig sich anzuschauen, was abgeschafft werden kann.” Deshalb sei der regelmäßige Austausch zu Praktikern wichtig.
Der ländliche Raum bietet Lösungen für die Herausforderungen von heute und morgen – darf dabei aber gerne selbstbewusster auftreten. Diese Botschaft gab Festredner und Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies den Gästen mit auf den Weg. Denn ohne Niedersachsen als Energie- und Landwirtschaftsland Nr 1, so der Minister, gelinge weder die Energie- noch die Agrarwende in Deutschland.
Die Tarmstedter Ausstellung sei eine großartige Plattform, hier komme die Stärke des ländlichen Raumes in Niedersachsen zusammen mit ihren Akteuren, die sich engagieren, die sich einbringen und das Land voranbringen wollen.
Schirmherr Marco Prietz, Landrat des Landkreises Rotenburg/Wümme, eröffnete die Tarmstedter Ausstellung traditionell im Anschluss. Er betonte noch einmal, Tarmstedt sei eine der Pionierregionen in Norddeutschland in Bezug auf Erneuerbare Energien – sei es bei Biogas, Photovoltaik oder Windenergie. Er forderte von der Politik den weiteren Netzausbau, Speicherkapazitäten für den Strom sowie wirtschaftliche Attraktivität für den Landkreis Rotenburg/Wümme.
Die Tarmstedter Ausstellung hat ihre Tore bis kommenden Montag jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet. An vier Messetagen präsentieren mehr als 750 Aussteller ihre Neuheiten und ihr umfassendes Produktprogramm. Auf rund 18 Hektar dreht sich alles um Landwirtschaft, Landtechnik, Erneuerbare Energien und Pferde- & Rindviehzucht. Ergänzende Angebote für Haus, Garten, Genuss und Freizeit sowie ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Fachvorträgen und Showeinlagen auf dem Tierzuchtgelände machen die Tarmstedter Ausstellung zu einem Ereignis und Urlaubstag für die ganze Familie. Die Ausstellungsleitung erwartet je nach Witterung wieder zwischen 90.000 und 100.000 Besucher.