Norddeutscher Treffpunkt für Erneuerbare Energien
Die 74. Tarmstedter Ausstellung stellte die Energiewende und nachhaltige Technologien in den Mittelpunkt. Als Treffpunkt …
Nach der Gaskrise, die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst wurde, hatte die Bundesregierung begonnen, die Einfuhr von Erdgas aus Russland zu drosseln. Mit der Abkehr von Erdgas „werden Erdgasnetze am Ende der Transformation aller Voraussicht nach in deutlich geringerem Umfang benötigt werden als derzeit“, heißt es im Green Paper „Transformation Gas/Wasserstoffverteilnetze“ vom März 2024.
Diese Pläne betrachten aktuell viele Biogasanlagenbetreiber mit Sorge, die mit den Gedanken spielen, von der Stromerzeugung auf die Gaseinspeisung umzusteigen. Das zeigte auch eine Diskussionsrunde des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) Niedersachsen zum Thema „Kein Biomethan ohne Infrastruktur – Wie geht es mit dem lokalen Gasnetz weiter?“ im Rahmen der Tarmstedter Ausstellung. „Unser Geschäftsmodell ist gefährdet. Wir haben Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe getätigt und haben jetzt die Sorge, dass uns irgendwann der Hahn abgedreht wird“, erklärt Sven Plorin, Geschäftsführer der Bioenergie Geest. Die Biogasanlage in Apensen (Landkreis Stade) will künftig Biomethan auf Basis von Gülle und Mist für den Kraftstoffmarkt erzeugen sowie das anfallende CO₂ auf Lebensmittelqualität aufbereiten und verflüssigen. Künftig könnte auch das Gebäudeenergiegesetz ein Hoffnungsschimmer für die Anlagen sein. Denn mit Biomethan aus dem Netz können Hausbesitzer der Pflicht nachkommen, einen Teil der Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. „Auch darum brauchen wir weiterhin ein funktionierendes Erdgasnetz“, fordert Plorin.
Auch die Biogasanlage Schnackenberg in Westertimke sorgt sich um die Zukunft. Die Betreiber wollen weiterhin flexibel Strom produzieren, aber einen Teil des Gases zu Biomethan aufbereiten und ins Netz einspeisen. Davon wieder ein Teil soll bei der eigenen, öffentlichen Biomethantankstelle eingesetzt werden, wo Traktoren und Lkw betankt werden können. „Eine Biogasanlage erzeugt meist viel zu viel Gas, um es allein über eine regionale Tankstelle absetzen zu können. Darum sind wir weiter auf das Gasnetz angewiesen“, sagt Anlgenbetreiber Magnus Sackmann.
Auch der Netzbetreiber EWE sieht Potenzial in Biomethan. „Es gibt flächendeckend Biogasanlagen. Wenn diese von der Stromerzeugung auf Biomethan umsteigen, ließe sich ein erheblicher Teil des fossilen Gases durch Biomethan ersetzen. Darum bewegt uns das Thema auch“, sagt Uwe Langer, Entwicklungsleiter Energiesysteme bei der EWE Netz. Er hält u.a. die Clusterung von mehreren einzelnen Biogasanlagen für sinnvoll, die dann eine gemeinsame Gasaufbereitung bauen könnten.
Wie Joost Kuhlenkamp, LEE-Referent für Bioenergie und Wärme, beobachtet, stehen viele Biogasanlagenbetreiber mit dem Rücken an der Wand. „Viele haben bei den vergangenen Ausschreibungsrunden keinen Zuschlag erhalten für die zehnjährige Verlängerung. Zwischenzeitlich erschien der Umstieg auf Biomethan auf Basis von Gülle und Mist attraktiv, weil man beim Verkauf von Biokraftstoff einen Zusatzerlös über die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) erzielen konnte. Doch die Quotenpreise sind stark gesunken.“ Die Diskussion um die Zukunft der Gasnetze tut ihr übriges. „Trotzdem halten einige an ihren Plänen fest, allein oder im Zusammenschluss mit anderen auf die Gaseinspeisung umzurüsten“, sagt Kuhlenkamp.
Was sich alle Diskussionsteilnehmer wünschen, sind stabile, politische Rahmenbedingungen und verlässliche Aussagen, die auch längerfristig eingehalten werden. Uwe Langer hofft auch auf die nationale Umsetzung des europäischen Plans „REPowerEU“, wonach in der EU 35 m3 Biomethan erzeugt werden sollen. „Bislang merkt man davon in Deutschland nichts. Aber Ende 2025 läuft die aktuelle Gasnetzzugangsverordnung aus, mit der die Pläne umgesetzt werden könnten.“ Er hofft, dass die Netzbetreiber dann zusammen mit den Biomethanerzeugern, Verbänden und der Politik eine auskömmliche Lösung für die Gaseinspeisung finden werden.